26.08.2021
irgendwie muss man ja erklären, was auf das Publikum zukommt
Von Gereon Hoffmann
Sie treten als Klavier-Trio an, eine Besetzung, die gerade wieder sehr gefragt ist. Aber die Formation gibt es schon über zehn Jahre. Andreas Lammel ist nicht nur Pianist, sondern auch Tonmeister und achtet ganz besonders auf den besonderen Klang und vor allem die besondere Dynamik, die zur Geltung kommen soll. Florian Lauer am Schlagzeug und René Bornstein am Kontrabass machen das Trio komplett.
Das lange Zusammenspiel macht sich positiv bemerkbar in einer traumwandlerisch sicheren Interaktion der Musiker. Ihr jüngstes Album „Field“ (2019) wurde von der Kritik gefeiert. Die Musik ist sehr atmosphärisch und auf erstaunliche Weise komplex und zugänglich zugleich. Es gibt viele ungerade Metren, ohne dass der Rhythmus im geringsten eckig wirkt. Die Parts der Instrumente sind raffiniert miteinander verwoben. Die Musik wirkt ästhetisch, alles was die drei spielen scheint vollkommen logisch und ohne Anstrengung zu geschehen. Gerade live ist die Dynamik des Trios besonders eindrucksvoll.
Sebastian Studnitzky wurde 1972 geboren, studierte Jazz in Stuttgart und am Berklee College. Er spielt sowohl Trompete als auch Klavier, er hat einen Opus Klassik- und einen Jazz Echo-Preis gewonnen, er spielt mit Jazzern wie Wolfgang Haffner und Nils Landgren und macht Pop mit Laith al Deen und spielte für Edo Zanki. Und er organisiert das Xjazz Festival, das Jazz, Electronica und Pop verbindet. Genregrenzen sind ihm offensichtlich egal. Was macht der vielseitige Musiker wohl beim Palatia Jazz? Er kommt mit seiner Ky Organic Band und was die macht, kann man auf Veröffentlichungen hören: Ky Organic heißt auch das 2017 veröffentlichte Album. Es verbindet auf besondere Art Elemente elektronischer Musik mit Elementen des Jazz.
Das Eröffnungsstück „Luba“ klingt wie ein Jazzquartett, mit akustischen Instrumenten. Bei „Watergate“ gibt es schon eine durchgehende Bassdrum, wie bei elektronischen Rhythmen – hier aber akustisch auf der „echten“ großen Trommel gespielt. Und es gibt weitere durchgängige Percussion. Darüber improvisiert Studnitzky mit der Trompete.
In den weiteren Stücken werden immer wieder von akustischen „menschlich“ gespielten Instrumenten Patterns gespielt. In der elektronischen Musik waren das früher Sequenzer, die kurze Tonfolgen in Endlos-Schleifen spielten. Auch die Rhythmusmuster, die oft durchgängig sind, tragen zu einem Flow bei.
Auffällig ist, dass die „humanisierte“ Form dieser Muster wesentlich dezenter wirkt als das gnadenlose Gekloppe der Maschinen im Electro Dance Stil. Und im Kontrast zu den festen Mustern oder Abläufen gibt es die Improvisation des Jazz, in denen Studnitzky und seine Begleiter versiert und kreativ sich in Klang- und Tonräumen bewegen. Das bleibt auch für jazz-ferne Hörer zugänglich, die sich vom Flow durch die Stücke tragen lassen.
Interessant sind die unterschiedlichen Zutaten, die Studnitzky und seine Musiker immer wieder neu mischen, mal mehr, mal weniger elektronische Sounds einbeziehen und man hat das Gefühl, einem spannenden Forschungsprojekt zuzuhören, bei dem die Musiker verschiedene Variablen verändern, um neue Ergebnisse zu bekommen. Und das klingt immer interessant.
Ausgabe | Die Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau - Nr. 194 |
Datum | Donnerstag, den 26. August 2021 |
Seite | 15 |